Freitag, 29. August 2025

Wanderung auf Familienspuren

23.08.2025 

Historische Zeitreise in Döllersheim, Niederösterreich

Meine Familie väterlicherseits ist im 2.Weltkrieg 1943 aus ihrer Heimat und ihren Bauernhäusern vertrieben worden, weil von der Deutschen Wehrmacht ein großer Truppenübungsplatz errichtet wurde. Davon waren 42 Dörfer betroffen und alle 7000 Bewohner wurden enteignet und umgesiedelt. 

Eine Katastrophe für meine Großeltern, sie verloren plötzlich alle ihre sozialen Kontakte und mussten in einer fremden Umgebung neu beginnen. "Übersiedelt" wurde mit Lastwagen der Deutschen Ansiedlungsgesellschaft. Es gab auch kein eigenes Auto, Schnellstraße oder Telefon wo man dann noch regelmäßig mit jemanden aus Familienverband und Dorfgemeinschaft Kontakt halten konnte. 

Ein Neubeginn den mein Großvater dann nur einige Jahre überlebt hat. Auch meine Großmutter ist nie mehr zu ihrem verlassenen Bauernhof zurück gekommen. 

Jetzt ist das schon viele Jahre her und es sind nur mehr wenige Mauerreste von den Häusern geblieben und alles ist von einer dichten Vegetation überwuchert. Mein verstorbener Papa und seine Geschwister waren früher noch manchmal nachschauen wie das enteignete Elternhaus dem Verfall preisgegeben wurde. Daher finden wir diese Stelle auch jetzt noch und erkennen die Umgebung. 


Das ganze Gebiet um den Truppenübungsplatz Allentsteig kann nur betreten werden wenn keine Truppenübungen statt finden. Die Wege sind nicht markiert und eine gute Orientierung oder Ortskenntnis ist nötig.  

In Döllersheim sind mein Papa und seine Geschwister in die Schule gegangen. Im aufgelassen Friedhof hinter der Kirche sind Verwandte bestattet, aber diese Gräber gibt es nicht mehr. 

Für mich und meine Tochter sowie Schwester und Nichte war das eine interessante 4-stündige Wander-Zeitreise in unsere Familiengeschichte die nicht vergessen werden darf.

Grüße aus dem Waldviertel!

Literatur dazu: 
Das Nordlicht von Döllersheim, Ilse Krumpöck, Auflage 2014
Die alte Heimat, Herausgeber Deutsche Ansiedlungsgesellschaft Berlin, Nachdruck 1981

verlinkt bei - 12tel-blickaugust2025.

13 Kommentare:

  1. auch ein lieber Bekannter von uns hatte dort seine Wurzeln und ist ausgesiedelt worden. Er wurde auch von seinen Eltern zu Zieheltern gegeben, die in unserem Ort lebten. So etwas kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.
    LG

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  2. Schon tragisch, was da alles geschehen ist. Man kann sich das Leid nicht richtig vorstellen.
    Was ich genau so schlimm finde: Das passiert heute genauso irgendwo auf der Welt. Die Menschheit ist keinen einzigen Schritt weiter als damals.
    Danke fürs teilen
    Herzlichst
    yase

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  3. Das Buch von Ilse Krumpöck habe ich auch gelesen, die ganze unfassbare Geschichte der ausgesiedelten Menschen dort fand ich immer schon sehr berührend. Es ist gut, dass ihr mit der nächsten Generation dort wart! lg

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  4. Hallo Traude,
    das es "Umsiedelungsprogramme" für Truppenübungsplätze schon 1938 gab, das war damals sicher streng geheim und die Dorfbewohner mussten sich damit abfinden. Sie konnten damals nicht ahnen das es ein Jahr später zu einem Weltkrieg führen würde.
    Die Familie meines Vaters musste fliehen der Rest wurde "vertrieben" das Dorf liegt östlich der Oder und ist heute Polen, mein Vater hat es nie wiedergesehen.
    Meine Großmutter bekam nach 45 einen finanziellen Lastenausgleich.
    Doch dieses schwere Trauma welches sie erlitten hat, kann man mit Geld nicht ausgleichen.
    Ihr Ehemann ist im Schnee erfroren, ihre Tochter in den Ural verschleppt, ihr Sohn vermisst, der andere Sohn gefallen für Volk und Vaterland, usw.
    Es war eine Tragödie es wurde nie darüber gesprochen, Fragen wurden nicht gestellt.
    Der vermisste Sohn , mein Vater, zwei Jahre Russische Kriegsgefangenschaft kehrte 45 heim und seine Frau und zwei Kinder und seine Mutter waren in Berlin ausgebombt und fanden eine neue Heimat in Niedersachsen, und konnten
    mit Hilfe des Siedlungsprogramms 1958 sogar ein Eigenheim bauen und beziehen.
    Und heute 2025 soll die Jugend wieder kriegstüchtig werden???
    https://www.bmvg.de/de/neuer-wehrdienst
    gilt ab 1. Jan. 2026
    Lernt die Menschheit denn gar nichts dazu?
    Danke für deine Geschichte, ich find es schön das die Friedhöfe heute noch gepflegt und erhalten bleiben.
    Liebe Grüße von Conny


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    1. Unvorstellbare Tragödien für diese Generationen. Jetzt wird wieder aufgerüstet und viele glauben sich im Recht. Hoffentlich werden meine Befürchtungen nicht war.
      LG aus Wien

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  5. Liebe Waltraud,

    die Geschichte der Großeltern hat mich sehr berührt. Sein angestammtes zu Hause verlassen zu müssen ist sehr hart. Gut daß sie es nicht mehr erleben mußten wie es dort heute aussieht. Die Frage nach dem mußte das alles sein? Mehr als berechtigt!
    Tausenden anderen widerfuhr gleiches. Andere wiederum in der Ukraine oder im Gaza Streifen wurden von Raketen getroffen und verloren Haus und Angehörige. Scheiß Kriege, nix daraus gelernt man will keinen Frieden.

    Traurige Grüße von Helga und Kerstin.

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  6. Liebe Mama! Das hast du sehr gut zusammen gefasst! Es war sehr schön mit euch zusammen diese Wanderung zu unseren gemeinsamen Wurzeln zu machen. Ich kann mich gut erinnern, dass mich Opa als kleines Kind dort hin mit genommen hatte und mir alles erzählt und erklärt hat. Er dachte wohl ich wäre noch zu klein um es mir zu merken, doch es ist alles in meinem Gedächtnis geblieben. Den Mächtigen sind die Menschen und ihre Schicksale die sie auslösen egal, und daran hat sich bis heute leider nichts geändert. Bussi Bianca

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  7. Ich finde es schön, dass ihr zusammen die alten Wege gelaufen seid, und dass die alte Zeit der Familiengeschichte nicht vergessen wird. Ich denke auch oft an meine Großeltern. Ich hätte heute so viele Fragen.
    Liebe Grüße von Heidi-Trollspecht

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  8. Liebe Waltraud,
    das war eine traurige Wanderung, und immer wieder leiden Menschen unter Entscheidungen, die Politiker aus unverständlichen Gründen treffen. Seine Heimat verlassen zu müssen, ist besonders für ältere Menschen sehr belastend, ein Neubeginn dann kaum zu bewältigen.
    Liebe Grüße, Erna

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  9. Liebe Waltraud,
    traurig aber wunderbar hast du die Erinnerungen verpackt. Es ist nicht einfach das Leben so hinzunehmen wie es oft vorgeschrieben wird.
    Ganz liebe Grüße zu dir, Karin Lissi

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  10. Was für ein bewegender Bericht, liebe Waltraud. Es ist gut und wichtig, dass Ihr gemeinsam auf Spurensuche gegangen seid und die Geschichte Eurer Familie lebendig haltet. Die Erinnerungen an vergangene Generationen und deren Schicksale stimmen nachdenklich und zeigen wie wertvoll Heimat und Zusammenhalt sind. Danke, dass Du uns an dieser besonderen Zeitreise teilhaben lässt. Herzlichst, Nicole

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  11. Liebe Waltraud,
    das ist ein sehr beeindruckender Beitrag. Ich kann mir eure Gefühle, die ihr bei der Wanderung hattet, gut vorstellen.
    Auch beeindruckt mich dieser alte Friedhof mit der alten Kirche.

    Liebe Grüße
    Traudi

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  12. Eine schmerzvolle Erinnerung ist es, der ihr euch gemeinsam gestellt habt. Wenn alles so vernachlässigt aussieht, fragt man sich immer, was wäre wohl daraus geworden, wenn es nicht hätte verlassen werden müssen. Die Gedanken sind immer erlaubt, aber man muss auch das Positive der Wandlung im neuen Leben sehen können. Alles nicht so einfach. Gut, wenn man solche Wege dann gemeinsam geht.
    Liebe Grüße
    Arti

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